„Gegen die Nacht können wir nicht ankämpfen, aber wir können ein Licht anzünden.“
Unser Leben ist zerbrechlich – anfällig für so vieles. Das spüren wir besonders in unsere Zeit: Was ist jetzt normal? Was braucht unsere Gesellschaft? Was brauche ich?
Wir gehen auf Ostern zu – noch sind die Tage dunkel, doch sie werden heller. Franziskus sagt: „Gegen die Nacht können wir nicht ankämpfen, aber wir können ein Licht anzünden.“
800 Jahre Franziskaner*innen in unserer Stadt, das sind 800 Jahre praktizierte Nächstenliebe. Im Herbst 1221 siedelten sich die ersten Franziskaner in Augsburg an. Sie errichteten ein Kloster, bauten die Kirche zu den Barfüßern und kümmerten sich um die Ärmsten der Gesellschaft. Von Anfang an haben sie die Stadt mitgestaltet.
Es freut mich sehr, dass die Gemeinde die ökumenische Idee aktiv lebt und sich explizit an alle Mitglieder unserer Stadtfamilie wendet. Das tut sie auch mit ihrem engagierten Festprogramm, das vielfältige Veranstaltungen bietet. Dafür ein sehr herzliches Dankeschön.
Mit diesem Gruß, den Bruder Francesco gebrauchte, wenn er auf seiner Wanderschaft durch die Städte Italiens unterwegs war, möchte auch ich mich an Sie alle wenden, die Sie dieses große Jubiläum vorbereitet haben, mitgestalten und mitfeiern. Ein solch ökumenisches Gedenken der evangelischen Barfüßergemeinde mit den Franziskanerinnen von Maria Stern (gegr. 1258) und Dillingen (gegr. 1241), den beiden ältesten Frauengemeinschaften im franziskanischen Geist sowie Brüdern und Schwestern der Franziskanischen Familie, das hätte dem Heiligen sicher gefallen!
Franziskus und Corona: Das Wesentliche vom Unwichtigen unterscheiden
Weniger ist mehr, sagt Franziskus ins 21.Jahrhundert hinein. Oder: Werde wesentlich! Ich habe ja doch die Hoffnung, dass uns Corona wieder näher an den Grundsatz des Franziskus gebracht hat: Weil viele in der Krise gelernt habe das Wesentliche vom Unwichtigen zu unterscheiden. Wesentlich, weil zu Wesen des Menschen gehörend: Liebe Freundschaft, Kontakte, Glaube, Zuversicht.
Historischer Wandel beginnt oft unspektakulär. Als die ersten Franziskaner vor 800 Jahren Augsburg erreichten - hungrig, neugierig, auch besorgt -, begann ein neues Kapitel in der Geschichte Europas. Die Franziskaner waren eine neue Bewegung, die schon bald die städtische Jugend in ganz Europa faszinieren sollte. Ein einfaches Leben nach dem Vorbild des Evangeliums war ihr Programm. Damit trafen die Franziskaner einen Nerv der Zeit. Sehr viele Menschen schlossen sich ihnen an oder unterstützten sie. In vielen mittleren und allen großen Städten entstanden schon bald franziskanische Kirchen und Konvente, gebaut mit Spenden aus der Bevölkerung. Die Franziskaner waren nicht ortsfest, sie zogen umher, von Konvent zu Konvent. Von Augsburg nach Köln, von Paris nach Erfurt, und immer wieder nach Assisi, nach Italien. Es entstand ein barfüßiges Netzwerk bewegter und mitunter brillianter Geister.
Vor 800 Jahren kommen meine Brüder aus Assisi nach Deutschland. Ich stelle mir vor, ich käme mit ihnen ins Gespräch …
Ihr habt damals eure vertraute Heimat verlassen und seid in unbekanntes Neuland aufgebrochen. Wir heute suchen auch neue Wege – und denken oft insgeheim, es müsse doch alles irgendwie so weitergehen wie bisher. Ihr habt euch auf den Weg gemacht.
Mobilität ist auch ein Zeichen unserer Zeit. Aber ich erlebe auch Unbeweglichkeit und Erstarrung, nicht zuletzt in der Kirche.
Gab es niemand unter euch, der auf Nummer sicher gehen wollte? Schließlich seid ihr mit eurem Weg über die Alpen eine Menge Risiken eingegangen …
Zweierlei scheint euch trotz aller Unsicherheiten klar: Wir werden auch jenseits der Alpen Menschen begegnen. Und wir haben ihnen etwas zu bringen.