Morgenandacht für für St. Jakob an Palmsonntag

Morgenandacht für für St. Jakob an Palmsonntag

Palmsonntag
Bildrechte Martin Burkhardt

Morgenandacht für St. Jakob, am Palmsonntag,

den 05.04.2020 („Palmarum“)

 

 

Wir feiern diese Morgenandacht im Namen des dreieinigen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

 

Der Wochenspruch:

„Der Menschensohn muss erhöht werden, auf dass alle, die an ihn glauben, das ewige Leben haben.“ (Joh 3,14b.15) – mit dem biblischen Votum für den heutigen Palmsonntag und die kommende Woche begrüße ich sie ganz herzlich, hier in unserer St. Jakobsgemeinde.

 

„Der „Menschensohn muss erhöht werden“ - was für ein Wort! Jesu Jünger haben hier wohl zuerst herausgehört, dass Gott dem Menschensohn Kraft und Gewalt gibt, „Herr und Meister“ in Jerusalem zu sein! „Erhöht“, wie ein König, soll der Menschensohn vor den Menschen sitzen oder stehen und er soll herrschen – so hofften sie möglicherweise.

 

Doch Jesus meinte etwas anderes: der Menschensohn muss sein Leben hingeben und erst dann „erhöht“, „auferweckt werden“! Bevor er von seinem Vater erhöht wird, den Platz einzunehmen, über alle Mächte und Gewalten (vgl. Phil 2), wird er an das Kreuz angehoben, sichtbar als Zeichen der Schande für die Menschen. Die um ihn herumstehen werden am Karfreitag verhöhnen ihn ja noch! Er, der keinem etwas zuleide tat, wird noch im schlimmsten Leiden verlacht und geschmäht. So viel Blindheit muss man erst einmal aufbringen! Und doch, Jesus bittet Gott um Vergebung für diese, die nicht wissen, was sie tun. Vielleicht müssen wir heute anfangen, Fürbitte vor Gott zu halten für die, die ganz genau wissen, was sie tun und dennoch nicht von dem Irrsinn abweichen wollen, den sie unter die Menschheit tragen!

 

Jedenfalls haben nicht er heutige Menschen die Botschaft Jesu gründlich missverstanden, wenn sie in Jesus einen Aufrührer und Terroristen sehen wollen, selbst seine eigenen Jünger wollten sich nicht vorstellen, dass der Messias so elend am Kreuz sterben müsse. Doch Jesu Tod und Auferweckung schenkt uns, die wir Jesus vertrauen, das ewige Leben bei Gott! Das ist der Kern von Ostern, dass wir nicht stehen bleiben bei der Torheit der Welt, sondern auf Gott blicken, der selbst den Tod überwinden kann. Wer in diesem Vertrauen zu Gott und Christus seinen Halt und Glauben findet, der kann nicht reicher beschenkt werden! Dazu gebe Gott uns Geist und Segen. Amen.

 

Lesung des Evangeliums: Johannes 12,12-19;

 

Gebet:

Herr, aus Liebe bis du einst hineingegangen in die Stadt, die dir den Tod bringen würde – um unsertwillen bist du diesen Weg gegangen! Du hast getragen, was uns bestimmt war. Du bist bei uns geblieben, bis zum letzten Atemzug. Dafür sei dir ewig Dank, dafür sei die Lob und Preis alle Tage. Amen.

 

Epistellesung: Phil 2,5-11

 

Bekenntnis unsere christlichen Glaubens:

Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde,

und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn. Empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria, gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben. Hinabgestiegen in das Reich des Todes. Am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel, er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters. Von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten.

Ich glaube an den Heiligen, Geist, die heilige christliche Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben. Amen.

 

Lesung des Predigttextes: Markus 14,3-9:

 

Die Salbung Jesu in Betanien

3 Und als er in Betanien war im Hause Simons des Aussätzigen und saß zu Tisch, da kam eine Frau, die hatte ein Glas mit unverfälschtem und kostbarem Nardenöl, und sie zerbrach das Glas und goss es auf sein Haupt.

4 Da wurden einige unwillig und sprachen untereinander: Was soll diese Vergeudung des Salböls?

5 Man hätte dieses Öl für mehr als dreihundert Silbergroschen verkaufen und das Geld den Armen geben können. Und sie fuhren sie an.

6 Jesus aber sprach: Lasst sie in Frieden! Was betrübt ihr sie? Sie hat ein gutes Werk an mir getan.

7 Denn ihr habt allezeit Arme bei euch, und wenn ihr wollt, könnt ihr ihnen Gutes tun; mich aber habt ihr nicht allezeit.

8 Sie hat getan, was sie konnte; sie hat meinen Leib im Voraus gesalbt für mein Begräbnis.

9 Wahrlich, ich sage euch: Wo das Evangelium gepredigt wird in aller Welt, da wird man auch das sagen zu ihrem Gedächtnis, was sie jetzt getan hat.

 

 

Liebe Gemeinde,

was für eine Szene! Mitten in die feiernde Männerrunde tritt eine unbekannte Frau, geht zu Jesus und salbt sein Haupt mit Öl.

 

Die Empörung dieser „frommen“ Männerrunde ist typisch „männlich“ und doppelter Natur: die einen regen sich auf, weil die Frau so teures Öl verwendet und verschwendet hat und die anderen sind wohl unwillig, weil überhaupt eine Frau an einem Orte sich befindet, an dem sie „orientalisch“ gedacht, eigentlich überhaupt nichts zu suchen hat!

 

Die Szene ist noch anderweitig seltsam, denn das verwendete Nardenöl erinnert uns an die geheime Salbung des späteren König David durch den Richter Samuel. Eine geheime Salbung zum neuen König für Israel, denn König Saul, obgleich von Samuel geächtet, war immer noch an der Macht und hatte eigene Söhne, die ihm nachfolgen konnten und sollten.

 

Als Jesus so herrschaftlich „gesalbt“ wird, regieren mit aller Macht und Härte die Römer und Herodes Antipas das Land – für einen neuen König ist überhaupt kein Platz vorgesehen! Und schon die Salbung Jesu durch eine Frau bedeutet streng genommen eine Herausforderung der anwesenden Mächte und Gewalten! Dass diese „Mächte“ ihn dann alsbald tot sehen wollen, ist hier noch nicht sofort zu erkennen.

 

Die Salbung, die die unbekannte Frau leistet, ist eine auch „messianische“ Bestätigung des Gottessohnes, der als Menschensohn Israel und die Welt am Ende der Zeit befreien soll. Der, der da am Palmsonntag Jerusalem besucht, wird dann von den Menschen als der neue König David, als der erwartete Messias, als der eigentliche, gottgewollte Herrscher über Israel und Gottes Schöpfung festlich begrüßt.

Die Frau zeigt mit dem kostbaren Öl auch noch etwas anderes: sie salbt den Leib Jesu, gleichsam vorweg, vor dessen Hinrichtung am Kreuz, sie salbt Jesus für sein Begräbnis!

 

Insofern ist die Tat der Frau der unumkehrbare Beginn der Passion Jesu, das sichtbare Signal für die feiernde Männerrunde. Mit der „Salbung“ beginnt der Leidensweg des Herrn. Hohe Würdigung und tiefstes Leid sind miteinander verbunden.

 

Beides haben die damals Anwesenden sicher noch nicht sehen können. Für sie geht es beim Thema „Frau und teures Öl“ um Fragen von Geld und Sitte. Schade um den hohen Wert, der hier vergeudet wird und dann auch noch durch eine Frau, deren Wort vor Gericht nur halb so viel Wert hat, wie das Wort eines Mannes. Erst im Rückblick erschließt sich der Blick auf die Ereignisse neu, erst vom Kreuz und vom Ostersonntag öffnet sich der Blick der damaligen Beobachter wie der heutigen Hörer und Leser auf die Passion Jesu: hier wird kein Aufrührer durch die Römer hingerichtet, sondern der endzeitliche König Israels, der Messias der Welt, der Sohn Gottes selbst!

 

Mit der Salbung durch die unbekannte Frau sind nun gleich mehrere „Lerneffekte“ verbunden. Wir könnten begreifen, dass Gewalt sich niemals im Namen Gottes ereignen darf, denn Gott will nicht den Tod des Menschen, sondern das Leben.

 

Die fast rechtlose Frau wird der Männerrunde gleichgestellt, sie tut ein Werk, dass nur dem Hohenpriester am Tempel zu Jerusalem vorbehalten war, sie salbt Jesus zum König!.

 

Christus ist das Zeichen für uns, dass nicht die Macht und Gewalt das letzte Wort haben sollen in der Welt, sondern die Liebe, die Barmherzigkeit und die Vergebung.

Und schließlich dürfen wir lernen, dass es über diese Welt hinaus eine wahre Wirklichkeit gibt, nämlich Gott und ewiges Leben bei ihm! Also weg mit der ständigen Angst vor der Welt, mit dem ewig sich unterwerfen unter die Gesetze der Macht, sondern die Freiheit im Glauben und Leben ergreifen, die uns Christus schenkt (Gal 5)!

 

Genau dies macht ursprünglich das Christentum so „gefährlich“, denn Angst und Unterwerfung unter die selbst ernannten Mächtigen sind nicht länger nötig! Ich darf als befreiter Mensch in der Welt leben und ich soll andere einladen, sich ebenfalls durch Christus, den Sohn Gottes, befreien zu lassen.

 

Unsere Erzählung macht noch auf etwas anderes aufmerksam: Geld allein beendet niemals die Armut, Geld ist nur ein „Tropfen auf den heißen Stein“.

 

Die Christen sollen sich um die Armen kümmern und ihnen neue Lebensmöglichkeiten erschließen, das ist viel mehr als nur Geld für die nächste Mahlzeit zu verabreichen.

 

Es soll uns um Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung gehen, es soll uns darum gehen, die Ungerechtigkeit in den Gesellschaften zu verringern oder aufzuheben. Wenn Menschen wieder Lebenswege sehen lernen und die Kraft dazu, sie zu gehen, dann werden aus den Armen wahrhaft „reiche“ Menschen. Und dann werden aus den Reichen „echte“ Menschen.

 

Dazu ist Christus in die Welt gekommen – folgen wir ihm nach mit aller Kraft, mit vollem Einsatz und mit ganzem Gemüt! Amen!

 

Fürbitten: Herr guter Gott, wir bitten dich:

- Schenke uns täglich deine Nähe und Kraft, die unseren Glauben nähren und wachsen lässt;

 

- Gib uns deinen Segen in unsere Herzen, auf dass Frieden und Barmherzigkeit von uns ausgehe und nicht Hass und Gewalt, den wir zur Zeit an so vielen Orten sehen und spüren;

 

- Rufe du die Menschen in Liebe zueinander;

 

- Öffne unseren Verstand, dass die Gewalt in der Welt weder deinen Auftrag noch deinen Segen trägt;

 

- Öffne unsere Augen und Ohren, auf dass wir dem Unrecht wehren durch das Tun des Guten;

 

- Nimm und die Angst und Sorgen vor dem Heute und weite unser Herz, auf dass Segen und Freude von uns ausgehe;

 

- Zeige uns gute Wege, anderen zu helfen und sie in diesen schwierigen Zeiten zu begleiten:

 

- Gib uns den Willen Christi in unsere Herzen, dass unser Miteinander wachse in Glaube, Liebe und Hoffnung, darum bitten wir dich, durch Jesus Christus, unsern Herrn. Amen.

 

Vaterunser

Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen, denn dein ist das Reich, und die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit. Amen.

Segen

Der Herr segne uns uns behüte uns, der Herr lasse leuchten sein Angesicht über uns und sei uns gnädig, der Herr erhebe sein Angesicht auf uns, und gebe uns seinen immer währenden Frieden. + Amen.

 

Morgenlied: Lobet den Herren alle, die ihn ehren, 447, 1-10

 

 

 

Pfarrer Dr. Bernhard Sokol